China, Xi’an (Feilschen, Citytour)

Nach monatelanger Abstinenz gibt es jetzt endlich mal wieder Infos zu meiner Reise. 🙂

Dabei starte ich direkt mit einem Nachtrag zum Besuch der Terrakotta-Armee aus dem letzten Reisebericht. Habe ich doch hier das Schnäppchen meines Lebens gemacht. Auf dem Weg von den Ausgrabungsstätten zum Bus waren unzählige Händler damit beschäftigt ihre Ware preis zu geben. Prominentestes Souvenir war dabei ein Set aus fünf Miniatur-Tonfiguren der Terrakotta-Armee. Kopfschüttelnd bahnten wir uns also den Weg zurück zur Bushaltestelle und warteten auf unseren Bus. Eine Händlerin versuchte mir ihre Ware zu verkaufen und ich probierte aus Spaß an der Freud eine neue Verhandlungsstrategie aus:

H (Händlerin): Souvenirs? Original Terracotta Army?
I (Ich): Very interesting, how much?
H: 100 Yuan each figure. Best price for you. Set for 500 Yuan.
I: Hmmm…
H: Really good quality. Look. Best quality.
I: Hmmm…
H: So nice. Best price for you only 500 Yuan. OK? You wanna buy?
I: No, too expensive.
H: No problem. Tell me your price.
I: For the whole set of five figures?
H: Yes. Tell me your price.
I: Hmmm…
H: No problem. What will you pay for set?
I: Hmmm…, OK, I give you 1 Yuan.
(Anm.: Ihr hättet ihr Gesicht sehen sollen! Sie ist aus allen Wolken gefallen. Gleichzeitig habe ich mit diesem unschlagbaren Angebot die Aufmerksamkeit der anderen auf mich gezogen. Offensichtlich hat noch niemand 1 Yuan geboten. Warum ich so extrem niedrig geboten habe? Eigentlich wollte ich dieses Set nicht, da es mit ca. 1 kg zusätzliches Gewicht für mein Gepäck bedeutet. Eigentlich wollte ich nur die Reaktion der Händlerin sehen…)
H: 1 Yuan???
I: Yes, 1 Yuan is a lot of money, you know. (Entspricht ca. 0,10 €)
H: You really said 1 Yuan?
I: Yes, it is a good offer, isn’t it? Deal?
H: No, not possible. You cannot do this. I can give you all together for 100 Yuan but this is the last price.
(Anm.: Da hat sie nicht gelogen. Normalerweise wird das Set hier nach einigem Hin und Herr für 100 Yuan verkauft.)
I: This is nice of you and I really like this set with this beautiful figures but I think 1 Yuan is a lot of money for this, don’t you agree?
H: No. No. Nobody said so low price to me.
I: I like you and therefore I’m honest to you. 1 Yuan is really good money. If you invest it right, you will be rich in the future. Trust me, that’s true.
(Anm.: Mittlerweile haben sich mehrere dutzend Menschen um uns geschart inkl. meines Tourguides, welche mich fassungslos darauf hinwies, dass 1 Yuan wirklich zu niedrig wäre und 100 Yuan der Normalpreis wäre. Die Leute waren neugierig was passiert – ebenso die Händlerin über meine Art zu Feilschen.  Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass sie entnervt aufgibt und sich einem neuen Touristen widmet…)
H: OK, I give you the set for 80 Yuan. This is a really good price. Nobody gets the set for 80 Yuan. Just for you.
I: You are so kind. I really appreciate it. Thank you very much. Because I like you so much and also this set, I double my offer. I give you 2 Yuan. I cannot afford more for this.
H: No. No. What are you playing. Not possible.
(Anm.: Die Stimmung begann heiter zu werden und die Leute fingen an zu lachen. Es war offensichtlich, dass ich lediglich ein wenig handeln und nicht kaufen wollte.)
I: Why not? I doubled my offer. 2 Yuan is so much. Twice as much as 1 Yuan.

Nun stellte sich auch ein Lächeln auf dem Gesicht der Händlerin ein und ebenfalls die weiter entfernten Händler kamen, um zu schauen was da los ist. So handelten wir für weitere 15 Minuten freundlich-flachsend hin und her. Die Händlerin genoss offensichtlich die starke Aufmerksamkeit auf unser Gespräch und ich die freundliche Atmosphäre. Unser Bus kam und die Feilscherei musste nun beendet werden. Mittlerweile war ihr Angebot runter auf 10 Yuan, während ich 3 Yuan geben würde. Beim Einsteigen in den Bus machte ich mein letztes großzügiges Angebot:

I: It was really fun to bargain with you. Thank you. My last offer 3,5 Yuan. Goodbye.
H: Deal!

WAS? Sie geht doch nicht ernsthaft darauf ein. Wohlgemerkt, eigentlich wollte ich das Set nicht haben, da es für mein Reisegepäck viel zu schwer ist. Nun kann ich nach dem langen Rumgefeilsche aber auch nicht nein sagen. Unter Applaus und Gratulationen der umstehenden Leute nahm ich meine 1kg-Errungenschaft von der breit grinsenden Händlerin entgegen, während ich ihr passend die 3,5 Yuan gab. Wow, von 50 € runter auf 35 Cent – damit hat wohl (mich eingeschlossen) keiner gerechnet. Im Bus wurde ich beglückwünscht und mein Tourguide meinte nur fassungslos, das hat sie in ihrer langjährigen Karriere noch nicht erlebt. Dankeschön. 😉

29.10.10:

Was für eine interessante Erfahrung an diesem Morgen. Mein Zimmerkumpane Lars und ich waren nicht mehr allein in unserem Vier-Bett-Zimmer. Gerade aufgewacht hüpfte jemand in voller Montur direkt aus dem oberen Bett, sprach „Good Morning“ und verschwand mit Rucksack ebenso schnell aus der Tür. Lars und ich schauten uns verschlafen an. Was war das? …Sachen gibt’s.

Um etwas mehr über die Stadt zu erfahren, hatte ich mich am Vorabend per E-Mail mit Couchsurfing-Host Ying zu einer Rundtour durch Xi’an verabredet. Die Info hat im Hostel schnell die Runde gemacht, so dass ich in Begleitung mit vier weiteren Rucksacktouristen auftauchte. Unter anderem waren auch Suzanne und Jesler mit von der Party (4 und 5 auf dem Bild), welche ich zuvor am Baikalsee kennengelernt habe und nun zufällig im selben Hostel in Xi’an waren sowie Robert und Annika aus den Niederlanden (3 und 6 auf dem Bild).

Nachdem wir uns in einem traditionellen Restaurant an köstlichen chinesischen Delikatessen gütlich taten – der Fisch war wirklich vorzüglich! – machten wir uns auf zum Muslimenmarkt.

Tatsächlich hat mich das Ambiente stark an die Märkte in Marrakech/Marokko erinnert. Mit dem deutlichen Unterschied, dass die Leute hier nicht aufdringlich sondern überaus freundlich waren.

Die Menschenmengen und der dichte Verkehr näherten sich jedoch einem original-arabischen Markt an. Wir genossen einige Leckereien von den Straßenständen und…

…besuchten schließlich die Stadtmauer von Xi’an – ein imposantes und völlig restauriertes Gebilde, welches die Altstadt komplett umschließt und mit dem Fahrrad entlang gefahren werden kann. Nach einem ausgiebigen Spaziergang und interessanten Gesprächen fanden wir uns…

…später wieder im Hostel ein, um am berühmt-berüchtigten Dumpling-Abend teilzunehmen. Unter fachfraulicher Anleitung lernten wir Touristen praktisch, wie Dumplings zubereitet werden, um sie hinterher in geselliger Runde zu verspeisen.

Gut gesättigt und ein paar Kartenrunden später zelebrierten wir meine letzte Nacht in Xi’an ausgiebig in der Bar, bevor es schließlich zur kurzen Nachtruhe ging. Im Zimmer fiel mir dann die dritte Person im oberen Bett auf. Er lag da in voller Kleidung mit Schuhen und schlief tief und fest. Wer das wohl sein mag?