03.11.2010
Genug der Akklimatisierung. Heute verliessen wir Lhasa und es ging auf zu höheren Zielen – in Richtung des höchsten Bergs der Welt. Bereits nach wenigen Kilometern wurden wir jedoch von der Polizei gestoppt und unser Auto mit Fahrer unfreiwillig still gelegt – für drei Tage – das war der polizeiliche Wunsch.
Was war passiert? Aufgrund der durch den vermehrten Autoverkehr gestiegenen Unfalltoten, hat die Polizei an vielen Landstraßen Geschwindigkeitskontrollen eingeführt. Dabei wird an jedem Polizeiposten Halt gemacht und die Autodetails mit Uhrzeit auf einen Fahrtzettel dokumentiert. Am nächsten Polizeiposten wird die Fahrtzeit in Relation zur Distanz gesetzt und so die durchschnittliche Geschwindigkeit ermittelt. Nun, wir hatten definitiv den schnellsten Fahrer Tibets. Während der letzten Tage in Lhasa hat uns kein Auto überholt! Rhythmisch hupend steuerte uns unser Fahrer teilweise fluchend im Slalom durch den Stadtverkehr. Polizeiwagen mit Blaulicht? – Unser Fahrer kannte bessere Lücken im Verkehr, um auch diesen zu überholen. Er war es auch, der uns von den Geschwindigkeitskontrollen auf den Landstraßen erzählte. Wir fragten uns, warum er dann auch außerhalb Lhasas gefühlt deutlich zu schnell fuhr. Naja, er wird schon wissen was er tut – dachten wir zumindest… Fehlanzeige! Die Polizei ermittelte für uns eine überhöhte Geschwindigkeit und stellte ein Strafticket sowie ein Fahrverbot für die nächsten drei Tage aus. Über die Polizei fluchend fuhr uns unser Fahrer zur nächsten Polizeizentrale, um über das Verbot zu sprechen. Nach einer Stunde kam er kopfschüttelnd wieder hinaus. Nichts zu machen – das Fahrverbot bleibt bestehen. Verständlicherweise waren Michael, Ingrid und ich überaus verärgert über die grenzenlose Dummheit unseres Fahrers trotz besseren Wissens über die eindeutige Art der Geschwindigkeitskontrollen (zunächst Anhalten und persönlich registrieren, damit die Zeit beim nächsten Halt überprüft werden kann) sowie den möglichen Strafen und er sich trotzdem nicht an die Geschwindigkeitslimits angepasst hat. Drei Tage in Lhasa festsitzen? Unmöglich! Mein Permit für Tibet sowie mein Visum für China ist nur noch für weniger als eine Woche gültig und dann muss ich Land und Region verlassen. Michaels und meine Versuche die Polizei zu überzeugen schlugen ebenfalls fehl. In unmissverständlichen Worten gaben wir unserem Guide zu verstehen, dass wir mit dieser Situation nicht einverstanden sind und er halt einen neuen Wagen mit Fahrer herzaubern sollte, da wir definitiv mehr von Tibet sehen wollten. Scheinbar war das nicht so einfach möglich… Nach weiteren Gesprächen mit der Polizei bekam unser Fahrer den Tipp mit seinem Anliegen direkt zum zuständigen Polizeichef zu fahren. So warteten wir weitere zwei Stunden am Straßenrand auf das Resultat. Unseren Fahrer erkannten wir direkt durch das herannahende unüberhörbare Hupen inkl. Lichthupe. Er konnte die Strafe in eine Geldstrafe umwandeln – 500 Yuan – ein Viertel seines Komplettverdienstes bei unserer Tour. Ob er was dazu gelernt hat? Fehlanzeige! Neugierig beobachtete ich das Tachometer. Obwohl wir gefühlt deutlich schneller unterwegs waren, bewegte sich der Tacho meist im Bereich zwischen 40 und 45 km/h. So stark kann ich mich doch nicht täuschen. Um Klarheit zu schaffen, aktivierte ich mein GPS und staunte nach wenigen Minuten nicht schlecht. Zum Zeitpunkt der Messreihe fuhren wir zwischen 130 und 140 km/h auf Tibets Straßen… Fragen, ob er nicht ein wenig zu schnell fuhr, wiegelte unser Fahrer lachend mit dem Zeigefinger auf das Tachometer zeigend ab.
Ich machte schnell noch ein Foto von der Situation und dachte mir: Nun gut, so holen wir vielleicht die verlorene Zeit auf – sofern uns der nächste Polizeihalt nicht das Auto wieder still legt. Hier waren unser Fahrer + Guide diesmal pfiffig. Sie berücksichtigten nun die Fahrtzeit und verlängerten einfach die Foto- und Essenspausen zwischen den Polizeistopps (was sehr angenehm war), bis die Fahrzeit mit den Kilometern knapp an der vorgeschriebenen Geschwindigkeitsgrenze lag – 70 km/h…
Auf obigen Bild ist mittig auf dem Armaturenbrett eine kleine Kamera zu erkennen, welche alle paar Minuten ein Bild von uns Touristen über das Mobilfunknetz an die Regierungsbehörden sendet – natürlich völlig zu unserer Sicherheit, wie uns unser Guide bestätigte… Ob unsere Gespräche ebenfalls mitgehört werden, konnte er uns leider nicht beantworten…
Davon nicht weiter beeindruckt genossen wir die Fahrt und schlängelten uns die Berge hinauf,…
…blickten auf die atemberaubende Landschaft…
…und erfreuten uns an der einmaligen Aussicht.
Ob ich mal ein Foto von einem der vielen Yaks machen könnte, fragte ich unseren Guide. Kein Problem, wir stoppten an der nächsten Yak-Herde und der Hirte überließ mir sein schönstes Yak zum Fotografieren. Hmmm, der Hintergrund und das schöne Yak sind doch eine optimale Werbung für meinen Fahrt-Snack…
Wer errät (oder kann es erkennen), für was ich da in meiner rechten Hand werbe? 😉
Nachdem ich dem Hirten als Dankeschön etwas vom Snack abgegeben habe, ging es weiter…
…zum 4441 Meter hochgelegenen und heiligen Yamzhog Yumco See.
Zur Essenspause fuhren wir in den nächstgelegenen Ort,…
…wo mich aufgedrehte Schulkinder in aller Freundlichkeit und teilweise frech begrüßten, beim Anblick des Fotoapparats plötzlich aber überaus schüchtern waren.
Nach dem Essen fuhren wir weiter zum Kharola-Gletscher, wo ich versuchte…
…mit dem „Schildhorn“ ein wenig Alpenmusik zu machen. 😉
Wie kann ein solches Bild auf 4500 Meter Höhe noch übertroffen werden?
Am späten Nachmittag erreichten wir die Stadt Gyantse und besuchten das Baijiu-Kloster (mit den vielen Namen),…
…wo wir von spielenden Kindern begrüßt wurden.
Der Ausblick von der Klosterspitze über die umliegende Stadt…
Im Kloster war es gegen eine Gebühr von „nur“ 100 Yuan erlaubt Fotos zu machen. Das Gebäude besteht aus über 70 kleinen Räumen mit…
…jeweils unterschiedlichen Buddha-Statuen.
…beschützende (ja, wirklich, das soll die Intention von obiger Statue sein…) und unzählige weitere Buddha-Figuren. Wie viele es ungefähr gibt? „Zehntausende verschiedene!“ war die Antwort meines Guides. …
Rund um das Kloster waren vereinzelte Gläubige mit Gebetsmühlen…
…und Gebetsübungen beschäftigt. Obige Frau war während unseren gesamten Aufenthalts von 1,5 Stunden mit der sportlichen Gebetsvariante aktiv (beten gen Himmel, zum Kloster, liegend und wieder von vorne) und, obwohl nass geschwitzt und keuchend, machte sie nicht die Anstalten irgendwie aufzuhören. Mit ihren Gebetsutensilien Matte, „Handrutsch-Schutz“, rotem Kopfliegepolster und ihrer beharrlichen Kontinuität hatte der Anblick eine verblüffende Ähnlichkeit mit einer Fitnessübung. Ein bemerkenswert intensiver und sportlich gesehen auch gesunder Glaube. Ist dies der Grund, warum die Leute hier teilweise so alt werden?
Später, in der zweitgrößten Stadt Tibets – Shigatse – angekommen, bewunderte ich den Luxus meines Zimmers…
Lieber Mathias, ich wusste ja noch gar nichts von deiner Reise,
möchte es aber nicht versäumen dir Grüße zu schicken!
Bin schwer beeindruckt und unheimlich neidisch. Zu dumm, dass ich mich schon mit 16 Jahren in ein festes Arbeitsverhältnis begeben habe und die möglichkeit zu einer „Auszeit“ kaum noch haben werde!
Bist du eigentlich alleine unterwegs?
VLG aus Bayern (fahre heute nach Nürnberg)
Danke für die Grüße. Ja, ich bin größtenteils alleine unterwegs, treffe aber genügend nette Leute. Eine festes Arbeitsverhältnis mag sicherlich ein Grund sein nicht auf Reisen zu gehen – ein Hindernis ist es keineswegs. 🙂 In Kürze werde ich dazu etwas auf der „Fragen-Antworten“-Seite schreiben.
Sehe ich das richtig? Auf dem einen Bild (mit deiner „Verbesserung“) liegt unglaublich viel Müll?
Naja, ich würde die tibetischen Gebetsfahnen nicht unbedingt als Müll bezeichnen… 😉
Hei Matze, siehst ein wenig abgemagert aus. Ansonsten scheint es mir, das Du nach
wie vor diese Fantastische Reise genießt. Die Fotos sind beeindruckend!!!!!!
Ich wünsche Dir weiterhin viel Freude und vor allen Dingen eine gute Gesundheit.
Ganz lieben Gruss Hubert.
Böser Fehler!!! “ Phantastisch ist nicht fanatisch“
Sorry Hubert
Ach, das ist nur das gute Licht – die lässt die mich etwas schmaler erscheinen. 😉 Tatsächlich vermisse ich aber die herausragende (!) deutsche Küche! Ich bin in der Heimat einfach von so vielen netten Leuten essenstechnisch verwöhnt worden. 😉