20.11.2010
Nach einem netten Frühstück und einer kurzen Autofahrt zum Zielort ging es weiter mit der Bhutan-Entdeckungstour. Als interessierter Biologe habe ich ja schon einiges an Artenvielfalt kennengelernt, was mir aber im Motithang-Reservat über den Weg lief, war wirklich neu für mich.
Das Nationaltier von Bhutan, der Takin. Die Erschaffung dieses interessant plump wirkenden Wesens geht auf den legendären und in Bhutan sehr berühmten Heiligen Drukpa Kuenlay (um die 1500) zurück. Gläubige kamen zu ihm und wollten ein Wunder sehen. Hungrig wie Drukpa manchmal war, hat er nach einer Ziege und einer Kuh gefragt. Nach dem anschließendem Mahl ließ er nur noch die Knochen übrig (er hatte einen hohen Kalorienverbrauch wie wir später erfahren werden). Überaus pfiffig nahm er nun den Ziegenschädel, setzte ihn auf die Kuhknochen und erweckte die Kreatur zum Leben. Das Wunder war geschehen und der Takin damit geboren.
Aufgrund seiner Einzigartigkeit und da es nicht direkt mit anderen Tieren verwandt ist, haben Taxonomen später dem Takin eine eigene Gattung gegeben (Budorcas). Seit ein paar Jahren weiß man basierend auf genetischen Analysen zusätzlich, dass der Takin weder mit Ziege noch mit Kuh, sondern eher mit dem Schaf verwandt ist. Was für ein Zauberer der Drukpa doch war.
An sich ist Drukpa Kuenlay alias “The Saint of 5000 Women” alias “The Divine Madman” (Göttlicher Verrückter oder auch Heiliger Narr) mit dem hohen Kalorienverbrauch (“I can have sex with many women, because I help them to go the path of enlightenment.”) aber noch viel cooler. So hat er einige interessante Lehren aufgestellt, die durchaus lesenswert sind und durchaus zum Nachdenken anregen: Lehr-Essenz des Drukpa Kuenlay. 😉
Angrenzend zum Reservat kaufte ich noch ein paar echte handgearbeitete Schals als Souvenir/Geschenk und schon ging es weiter…
…zum königlichen Bhutan-Textilmuseum, wo neben allerlei traditionellen Kleidungsstilen im Hinterzimmer auch die Herstellung edler Gewänder bestaunt werden konnte. So erfordert die Produktion eines wirklich schicken Outfits durchaus mehrere Wochen bis hin zu Monaten.
Unterwegs zum nächsten Zielort machte ich noch eine überaus interessante Entdeckung: Eine Statue mit Elefant, Affe, Hase und Rebhuhn unter einem Pfirsichbaum. Na, an was erinnern diese der Größe nach aufeinandersitzenden Tiere??? Richtig, die Bremer Stadtmusikanten nur in anderer Besetzung. Ob sich die Brüder Grimm bei den buddhistischen Asiaten inspiriert haben, bleibt wohl eine ungeklärte Frage. Sicher ist, die Story ist etwas anders. So handelt es sich bei obigen vier Freunden um eine über 600 Jahre alte tibetische Fabel zum Thema Alter, Freundschaft und friedlichem Miteinander. Selten ist diese Geschichte hier nicht – später habe ich öfters ähnliche Abbildungen der vier Freunde an Kloster- und Tempelwänden vorgefunden.
Nach einem Besuch im Volkskundemuseum in Kawajangsa, wo Fotos fraglicherweise verboten waren, besuchten wir auf meinen Wunsch noch einen…
…Souvenir-Markt in Thimphu mit allerlei Krimskrams zu überteuerten Preisen. Fündig bin ich hier leider nicht geworden.
Einen kurzen Abstecher über den hiesigen, durchaus großen Markt später fuhren wir weiter in Richtung der nächsten Stadt.
Der übliche Gesichtsausdruck bei Einheimischen: Beim Anblick von Fremden folgt wie automatisch ein herzhaftes Lächeln. 🙂
Die Schuluniformen von Mädels (rechts) und Jungs (links) im Bild zu sehen.
Während der Fahrt bestaunte ich die Übersicht über Thimphu bei Tag,…
…aus der Ferne die älteste Festung in Bhutan (Simtokha Dzong),…
…die große Buddha Dordenma Statue,…
…und die 108 Stupas am Dochula Pass…
…mit dem gespenstisch anmutenden angrenzenden Wald im Nebel.
Nach einem leckeren, gerösteten Mais-Snack an der Straße ging es dann auch schon weiter…
…vorbei an atemberaubenden Landschaften in die Stadt Punakha…
…mit ihrem Wahrzeichen, dem Punakha Dzong.
Überrascht stellte ich fest, dass die Brücke zu der Klosterfestung wenige Jahre zuvor mit deutscher Vereins-Unterstützung (http://www.probhutan.com/) renoviert wurde. Bravo! 🙂
Im Inneren der zweitgrößten Festung Bhutans offenbarten sich aufwendig gestaltete und…
…überaus riesige Bauten. Als Vergleich sind im oberen Bild zwei Mönche am rechten, unteren Bildrand erkennbar.
Nach all den vielen Eindrücken bestaunte ich mal wieder mein Zimmer…
…mit angeschlossenem Balkon und genoss wie gehabt ein üppiges Abendmahl. Damit war der Tag aber noch lange nicht zu Ende! Das Betrachten touristischer Attraktionen ist schön und gut – insbesondere in Bhutan – Hauptaugenmerk meiner Reise liegt aber bei den lokalen Leuten und deren wahrer Kultur sowie Sicht- und Denkweise, sozusagen der Blick hinter die Kulissen. Ich fragte meinen Guide, ob es möglich wäre lokale Leute privat und nicht im Dienst zu treffen. Ein Lächeln zeichnete sich in seinem Gesicht ab: Kein Problem war die Antwort, heute Abend geht es in die Disco! 😀
Mein ungewöhnlicher Wunsch machte schnell die Runde im Hotel und eh ich mich versah, war unser Auto voll mit Hotelangestellten, welche unbedingt mitwollten. Zwar hatten wir nur einen Fünfsitzer – da passten aber auch mit ein wenig Gemütlichkeit problemlos zehn Leute rein…
Ein wenig überrascht war ich schon, dass insbesondere der Platz auf des Beifahrers Schoß eine Selbstverständlichkeit und zudem sehr begehrt war. Aber gut, ich bin ja freundlich. 😉
Schließlich kamen wir im Club an und zählten mit ein paar anderen dort zu den Ersten. Oben im Bild sieht man meinen Guide mittig in normaler Kleidung – jetzt war er privat unterwegs – ebenso wie all die anderen Leute. Der Kleidungsstil unterschied sich nicht viel von der westlichen Welt – ein traditioneller Stil war hier jedenfalls nicht mehr zu erkennen. Ein Stündchen später tobte der Laden schließlich zu allerlei verschiedenen Musikrichtungen (primär westlich mit indischen Einflüssen). Wenig überraschenderweise war ich durchaus eine Attraktion für die Discobesucher. Viele meinten ich wäre der erste Tourist in diesem seit mehreren Jahren bestehenden Club.
Nahezu einheitlich waren die ersten beiden Fragen, die ich von unzähligen Leute gestellt bekam: 1. Where are you from? 2. Are you married? Auf meine erste Antwort “Germany” kam ein anerkennendes “Ahhh” und auf die zweite Antwort “No” ein deutliches “Ohhh”. Was dann geschah war echt witzig: Haben mich Mädels gefragt, schmiegten sie sich nach meiner zweiten Antwort wie von Geisterhand deutlich dichter an mich heran und versüßten ihren Blick oder alternativ ergriffen mich (wortwörtlich) zum mit ihnen Tanzen. Bei den Jungs hingegen war es so, dass sie direkt ihre Schwestern oder Freundinnen in meine Richtung lotsten und freudestrahlend beobachteten, wie diese mich antanzten… Einige überaus amüsante Stunden später fuhren wir schließlich im nahenden Sonnenaufgang zurück zum Hotel. Was für ein Abend! Bhutan ist traditionell sehr stark geschützt und dieses ist auch überaus sehenswert – aber auch hier leben ganz normale Menschen wie du und ich mit ihren unterschiedlichsten Wünschen und Bedürfnissen. Der Kontakt mit einfachen Einheimischen war auf jeden Fall eine meiner schönsten Erfahrungen in Bhutan, welche sowohl für mich als auch sicherlich für die Bhutaner besonders war. 🙂
Weiterführende Links:
- Motithang-Reservat – Reservat zum Schutz des Takin in der Nähe von Thimphu
- Takin – Bhutans Nationaltier
- Drukpa Kuenlay – Ein echter Erleuchteter
- Taxonomen – Bemühen sich um eine einheitliche Klassifikation
- Budorcas – Eine eigene Gattung für ein rätselhaftes Wesen
- Lehr-Essenz des Drukpa Kuenlay – Knackig auf den Punkt gebracht
- Bhutan-Textilmuseum – Zeigt die Evolution der Kleiderordnung im Königreich auf
- Elefant, Affe, Hase und Rebhuhn – Vier Freunde in einer tibetischen Fabel
- Bremer Stadtmusikanten – Bekannte deutsche Fabel
- Brüder Grimm – Mitgründungsväter der Germanistik
- Volkskundemuseum in Kawajangsa – Darstellung der ursprünglichen Lebensweise
- Simtokha Dzong – Älteste Klosterfestung in Bhutan
- Buddha Dordenma – Neu gebaut, eine der größten Buddha-Statuen
- Stupa – Buddhistisches Denkmal
- Dochula Pass – Höhe 3115 m, bei klarem Wetter sicher eine gute Aussicht
- Punakha – Kleine Kleinstadt mit großer Sehenswürdigkeit
- Punakha Dzong – Palast des großen Glücks, zweitälteste Klosterfestung in Bhutan
- Disco – Club, Treffpunkt zur körperlichen Ertüchtigung im Rhythmus der Musik